Advent, Advent, unsere Welt brennt…
- Katholische Kirche Rüschlikon
- vor 18 Stunden
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Aktualisiert: vor 11 Minuten

Liebe Mitchristen
Schon wieder beginnt diese besondere Zeit, in der wir uns innerlich auf Weihnachten vorbereiten sollen, in der wir aber oft in Hektik und Stress geraten, weil so viel zu erledigen ist: Arbeitsaufgaben (Weihnachten ist auch das Ende des Quartals und des Jahres, viele Abrechnungen müssen noch erstellt werden, das eine oder andere „Weihnachtsessen”, diese oder jene Besprechung, eventuell noch strategische Überlegungen für das kommende Jahr und das erste Quartal …), private Pendenzen (Geschenke für die Familie, für besondere Menschen in meinem Leben, für Freunde …) und die schönen Rituale, die einfach dazugehören (Plätzchen backen, Adventskranz und Geschenke basteln, einen Glühweinabend mit Freunden, Kollegen oder Nachbarn, Lichterketten und den besonderen Schmuck am Haus und im Garten bis hin zum Dach …).
Dazu kommt noch unsere Pfarrei mit besonderen Anlässen (Adventsmarkt, Nikolausbesuche, Pfarreifest mit Fondueessen, Rorate-Gottesdienste mit gemeinsamem Frühstück, diese besonderen Lieder voller Sehnsucht, der Pfarrer, der immer auch die innere Vorbereitung anmahnt, die Versöhnungsfeier, die besonderen Gottesdienste …), da kann man leicht in Stress geraten, keine Frage. (Übersicht der Gottesdienste im Advent)
Und wofür das Ganze? Um anschließend beim Weihnachtsessen in Streit zu geraten, das feine Essen in gereizter Stimmung hinunterzuwürgen und froh zu sein, dass es endlich vorbei ist? Das ist zwar oft so, bringt Frust mit sich, aber wir machen es immer wieder. Warum denn?
Weil dieser Zeit ein besonderer Zauber innewohnt. Irgendwie ist es schön und trotz allem wohltuend. In dieser Zeit sind wir anders: weicher, rühriger, empfindlicher, romantischer, familiärer, milder, menschlicher.
Diese Zeit – der Advent – bringt etwas mit sich, das wir trotz des ganzen Stresses nicht missen wollen: Alles ist anders: die Straßen, die Geschäfte, die Städte und Dörfer, die Menschen (nicht nur die Christen). Eine Art Sehnsucht legt sich über das Land, eine freudige Erwartung macht sich breit. Nicht einmal schlechte Nachrichten oder schlechte Quartals- oder Jahreszahlen können diese Sehnsucht verdrängen.
Was ist das für eine Sehnsucht? Es ist kompliziert und sehr individuell, aber alle spüren sie. Grob zusammengefasst ist es die Sehnsucht nach etwas Besserem.
nach einer besseren Ausgabe meines ICHs;
nach einer schöneren Seite von mir,
nach einer besseren Zeit mit mir selbst und meinen Liebsten.
nach einer tieferen Berührung meiner inneren Schicht, die wir das Selbst nennen.
nach dem tieferen Sinn im Leben.
nach einer beglückenden Erfahrung in vertrauten Ritualen und Botschaften;
nach einer schönen Kindheitserinnerung.
nach …
Wir spüren auch, dass diese Sehnsucht nicht ins Leere läuft, und erleben solche schönen Momente. Auch wenn am Ende der „Alltag” kommt, bringt er zwar die Erleichterung, dass es endlich vorbei ist – oft nur, weil wir zu hohe, beim näheren Betrachten gar nicht erfüllbare Erwartungen an uns selbst stellen –, aber er bedeutet auch den Abschied von dieser besonderen Zeit, der uns traurig stimmen kann. Aber es gibt auch einen nächsten Advent.😊
Advent ist im eigentlichen Sinne eine Vorbereitung auf Weihnachten, auf die Menschwerdung Gottes – auch wenn das wegen der Kommerzialisierung inzwischen schwer zu erkennen ist.
Die Menschwerdung Gottes bringt die wunderbare Botschaft, dass der Mensch ein wunderbares Geschöpf ist und dass es schön sein muss, Mensch zu sein – sonst würde Gott es nicht tun!
Wenn wir uns diesen Gedanken hingeben, geraten wir in eine innere Anspannung zwischen der in der Weihnachtsbotschaft proklamierten Realität (auch der eigenen, aber auch der globalen politischen und wirtschaftlichen) und dem Inhalt „Der Mensch ist schön!” einerseits und dem täglichen Wahnsinn in den Nachrichten und den sozialen Medien andererseits, der nur eine Schlussfolgerung zulässt: „Der Mensch macht alles kaputt!”
Und genau in diesem Spannungsfeld ereignet sich Jahr für Jahr Advent und dann auch Weihnachten. Wir stehen in dieser Anspannung, feiern mit und spüren Freude und Frust, Ansporn und Resignation. Wir sind froh, wenn es vorbei ist, und freuen uns im nächsten Jahr wieder darauf. Und das ist gut so! Wir brauchen das, es tut unserer Seele gut! Weiter so!
Und nun ein paar praktische Tipps vom Pfarrer😊:
Auch dieser Advent wird nicht alle Probleme (weder global noch individuell) lösen. Also, nicht übertreiben!
Nehmt es gelassener: mit den Geschenken, mit den Plätzchen, mit dem Glühwein, mit der Familie, mit den Freunden, mit der Pfarrei, mit allem!
Suchen Sie sich ein paar konkrete Punkte aus, die machbar sind.
Einen oder anderen Abend mit der Familie (aber nicht jeden Abend, auch wenn es schön wäre);
Einen oder anderen Gottesdienst (aber nicht jeden Tag 😉), auch wenn es der Seele so gut tut: Rorate unter der Woche, die Gottesdienste am Samstag oder Sonntag, eine stille Messe am Freitag, eine schlichte Werktagsmesse am Donnerstag, eine Meditation am Mittwoch oder einfach ein Rosenkranz nach der Messe am Donnerstag oder einen persönlichen, stillen Besuch in der Kirche ohne Gottesdienst – just for fun. (Übersicht der Gottesdienste im Advent)
Sie können alle unsere Gottesdienste und Anlässe in der App sehen. Installieren Sie diese kostenlos, wenn Sie es noch nicht getan haben!
Ein oder zwei Geschenke für die Liebsten (man kann gestohlene Liebe nicht mit vielen teuren Geschenken abgelten, auch wenn es manchmal so scheint. Besser wenig, aber mit Tiefgang als Kommerzrausch mit mäßigem Erfolg).
Advent bedeutet Ankunft, und das, was kommt, können wir zum großen Teil selbst bestimmen – durch unsere Prioritätensetzung und unsere Entscheidungen! Nicht alles, aber vieles! Das ist doch eine große Chance, die eigenen Sehnsüchte zu spüren, mit sich selbst in Kontakt zu kommen und ein bisschen mehr Mensch zu werden! Nicht zu viel, aber mehr als letztes Jahr und weniger als das Jahr danach – in einem beständigen persönlichen Wachstum! Das klingt gut! Probieren Sie es in diesem Advent aus!
Eine schöne Zeit mit viel Tiefgang in dieser „Gnadenzeit” und die Erfahrung, dass der Advent eine wunderschöne Zeit ist, in der man mit der richtigen und bewussten Priorisierung den Stress reduzieren kann.
Und auch das Christsein neu entdecken! (steht groß an der Wand in der Kirche, links 😊)
Euer Pfarrer
Josip Knežević



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