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Anker der Hoffnung


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Liebe Mitchristen


Im aktuellen Forum habe ich von Kanada aus kurz das Thema „Anker” aufgegriffen. Mark brauchte noch etwas Text für die Novemberausgabe. Wir waren mit unseren Freunden in ihrem Wochenendhaus am See, wo viele kleine Anker herumhingen (siehe Bild). Es war ein Kairos, ein Moment der Gnade. In diesem Newsletter möchte ich das Thema gerne vertiefen, weil es in mir selbst so viel ausgelöst hat, als ich den kurzen Text schrieb und vor allem, als ich später in den Ferien „schwanger damit ging”.


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Ein Schiff ist schliesslich nicht gebaut, um an der Ankerkette zu dümpeln. Klar, das Schiff muss fahren, aber es gibt Zeiten, in denen das Schiff vor Anker liegt – und da ist es entscheidend, dass dieser hält! Einmal (vor vielen Jahren 😊) musste ich nachts tauchen gehen, weil der Anker nicht hielt und wir mit unserer Segeljacht beinahe an die Klippen gedrückt wurden. Spätestens seit diesem Abenteuer weiss ich, wie wichtig der Anker ist.


Um wie viel wichtiger ist dann der symbolische Anker meines Lebens?


In Gesprächen habe ich oft das Gefühl, dass viele Menschen dieses Thema verdrängen und meiden. Viele leben einfach von Tag zu Tag bzw. von Woche zu Woche nach dem Motto: Es wird schon alles gut werden. Das verstehe ich, denn es ist einfacher und leichter.


Aber die Stürme werden kommen! Es gibt Momente, in denen es darauf ankommt, dass der Anker hält. Dass die Yacht (oder auch nur das „Bötli”) meines Lebens nicht an die Felsen gedrückt wird und zerkratzt, beschädigt oder gar zerstört wird. Wenn ich zurückschaue, kommt es mir so vor, als würden die meisten Menschen wie „benebelt” leben, statt auch für andere mögliche Szenarien Strategien zu entwickeln und zu planen. Vielleicht hat mich das eigene Leben in diesem Punkt stark geprägt, aber es ist nicht nur gut, sondern auch beruhigend, kommende Gefahren einzuplanen.


Wenn das Prinzip „Hoffnung” (es kommt schon alles gut) mein Leben prägt, dann lassen sich Gedanken wie „Was, wenn doch?” nicht vermeiden. Diese lösen ein Gefühl der Angst aus, welches das Glück des schönen Moments zerstört. Darum ist es gut und weise, sogar ein Beitrag zur Lebensqualität, sich zu überlegen, was man tut, wenn der andere Fall eintritt. Einen Plan für den „Worst Case” zu entwickeln, eine Strategie zu erarbeiten, damit ich auch dann handlungsfähig bleibe. Das kann man lernen. Das habe ich damals in der Ausbildung zum Notfallseelsorger im Kanton Zürich sogar geübt. Es bedeutet nicht, den Teufel an die Wand zu malen, sondern zu wissen, was zu tun ist, wenn ein solches Bild plötzlich an der Wand erscheint.


In solchen Situationen kann unser christlicher Glaube eine enorm wichtige Ressource sein. Gott sagt mir zu, immer bei mir zu sein. Gott „Immanuel” heisst „Gott mit uns”. Der Mensch gewordene Gott ist nicht aus Langeweile Mensch geworden, sondern weil er uns helfen wollte, ihn zu finden. Er wurde ein Mensch, um den Menschen, dir und mir, nahe zu sein!

Im November ist der Gedanke an den Tod durch Allerseelen, Allerheiligen, Totensonntag, Ewigkeitssonntag und andere Feiertage sehr präsent. Die sterbende Natur erinnert uns an unsere eigene Vergänglichkeit und daran, unser Leben richtig zu verankern. Nicht im Vergänglichen, sondern in Gott.


Vielleicht bietet die eine oder andere Predigt oder ein Anlass in unserer Pfarrei oder in unserem Umfeld den entscheidenden Anstoss, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen, statt sie immer zu verdrängen. Und falls seelsorgerische Hilfe benötigt wird, sind wir für Sie und euch da. (>>>Angebot Seelsorgegespräch).


Gott ist nicht Mensch geworden, um uns Vorschriften und Paragrafen aufzuerlegen, sondern um für uns da zu sein, mit uns zu gehen und dazu beizutragen, dass unser Leben gelingt – nicht erst nach dem Tod, sondern jetzt.


Ich wünsche euch und Ihnen eine schöne Zeit, viel Tiefgang im Novemberblues und die Erfahrung, dass das Leben mit Gott wirklich Halt bietet, auch in den Stürmen des eigenen Lebens.


Euer/Ihr Pfarrer Josip Knežević

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