Liebe Abonnenten, liebe Mitchristen,
«Zurück zu den Wurzeln» wird als geflügeltes Wort gebraucht und bezeichnet oft die Rückkehr oder die Rückbesinnung auf das, was den Menschen in seiner Ganzheit trägt: die Familie, die Heimat, die politische Gesinnung…
Wir sind in der Fastenzeit, fast der ganze März steht unter diesem Vorzeichen und ich finde es wichtig, in der Vorbereitung auf Ostern, bewusst den Blick auf die eigenen Wurzeln im Glauben zu lenken: Der Glaube ist nicht nur ein schmückendes (oder manchmal auch belastendes) Beiwerk, sondern das Fundament unseres ganzen Lebens!
Immer wieder begegne ich den Menschen, die mir vom Gefühl erzählen, durchs Leben einfach so getragen zu werden, wie ein Stück Holz in einem wilden Fluss. Sie klagen dann über das Gefühl der Ohnmacht, des ausgeliefert Seins und der mangelnden Freiheit, das Leben zu leben statt gelebt zu werden. Vielleicht kennen auch Sie, kennst auch Du das Gefühl! Ich kenne es auch. Bei mir habe ich das oft beobachtet, wenn ich mit der Situation gefrustet war aber nicht wusste, was ich eigentlich will, und irgendwie so in den Tag gelebt habe, meine Termine wahrgenommen, mit grosser Mühe halbwegs professionell erledigt, aber dennoch irgendwie wie in einem Dämmerungszustand, so nicht ganz dabei…
Solche Momente zeigen, dass etwas geändert werden soll, damit man sich selbst nicht verliert! Das Leben kann nur eine kurze Weile ohne dauerhafte Schäden «ertragen» werden, das Leben muss gelebt werden! Ists das über eine längere Zeit der Fall, existiert man zwar weiter, hat aber das Gefühl nur noch zu funktionieren, statt zu leben! Das wiederrum bringt tiefe Frustration und auf Dauer auch Depression. Und daraus gibt es nur einen Ausweg: zu sich selbst zu finden, sich auf die eigenen Wurzeln zu besinnen und einen Neubeginn wagen! Die Fastenzeit ist eine sehr gute Zeit dafür, eine Zwischenbilanz zu ziehen, Kurskorrekturen vorzunehmen oder gar umkehren und eventuell auch einen Neubeginn zu wagen!
Für mich ist der Glaube die tragende Kraft im Leben, in den Begegnungen, in meiner Arbeit und in allen Neuorientierungen. Im Spiegel des Glaubens finde ich immer neu Herausforderungen bei mir, die ich «optimieren» will und die grösste ist der Vergleich mit meiner besseren Version: wie könnte ICH noch besser werden? Ich tue es bewusst, denn vergleiche ich mich mit den anderen, muss ich aufpassen: sind es die Schlechteren, könnte ich in gefährliche Selbsttäuschung fallen, die mich an der weiteren Entwicklung hindern würde; sind es die Besseren, könnte Frustration kommen, weil ich noch nicht so weit bin, vergleiche ich mich aber mit meiner möglichen besseren Version, verspüre ich den Tatendrang, daran zu arbeiten! Geduldig und liebevoll, verständlich und ohne Hast, so wie man mit jemanden umgeht, den man gerne hat 😊 Und ich freue mich, diese bessere Version von mir immer wieder im Spiegel zu sehen, wissend, dass es noch nicht die Beste Version ist, aber schon mal bessere als auch schon! Und dass auch diese Version verbessert werden kann! Ich finde es spannend und schön, besonders jetzt in der Vorbereitung auf Ostern, auf den definitiven Sieg des Lebens! In der optimalen Version, auch von mir Selbst!
Ich wünsche uns allen weiterhin einen guten Weg in die Tiefe und starke Wurzeln, damit wir die optimale Version unseres Selbst noch mehr entdecken und stärken, und Freude daran haben 😊.
Euer Pfarrer Josip
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